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Der stille Tod des Theaterdirektors Franz Thomé

Am 23. Mai 1872 stirbt Franz Thomé, der Direktor des Deutschen Theaters in Prag. Der Tagesbote1 damaliger Zeit widmete ihm einen Nachruf wie folgt:

Thomé übernahm die Direction des deutschen Theaters in Prag nach Hofmann im Jahre 1859 und führte sie eine zeitlang in Gemeinschaft mit Stöger bis zum 18. März 1864. Zur Zeit seiner Theaterleitung wirkten namentlich im Schauspiele viele treffliche Kräfte zusammen, von denen gegenwärtig noch drei, die Herren Sauer, Eichenwald und Hassel, dem Kunstinstitute erhalten sind. Von den Uebrigen, die er mit Glück und Verständnis für das Pragaer Theater zu gewinnen verstand, nennen wir die Damen Burggraf, Rudloff, Remosani, Gebhardt, Schulzendorff, Raabe, die Herren Hallenstein und Oberländer, von der Oper die Damen Lucca, Kainz-Prause, Lichtman, Mick. Außerdem wirkten unter seiner Direction von den schon früherher dem Theater angehörigen ersten Kräften Herr und Frau Frey und Frau Allram-Lechner. Die trockene Aufzählung dieser Namen, an die sich manche glänzende Erinnerung knüpft, charakterisiert am besten die Periode der Thomé'schen Theaterleitung. Eine dauernde Schöpfung Thomé's war das Neustädter Theater, das er auf eigene Rechnung erbaute und in dessen Besitze er verblieben ist. Nach Prag war Thomé von Riga gekommen, wo er in gleicher Eigenschaft thätig gewesen war; außerdem hat er durch kürzere oder längere Zeit die Theater von Klagenfurt, Laibach, Triest, Graz und Linz geleitet. Von Linz lehrte er vor etwa einem Jahre nach Prag zurück, wo er bis zu seinem Tode verweilte. Der hiesigen Gesellschaft von Künstlern und Kunstfreunden, „Schlaraffia“, gehörte Thomé als Mitgründer und Vorstand (Ober-Schlaraffe) an. An dem Sarge Thomé's trauern zahlreiche Freunde; ein Stück Prager Kunstleben wird mit ihm zu Grabe getragen, und sein Name wird jederzeit einen Ehrenplatz in der Geschichte unseres deutschen Theaters einnehmen.

1Quelle: Neue Freie Presse, Wien, Ausgabe Nr. 2782, Freitag, 24. Mai 1872, Seite 9, Spalte 3 - Österreichische Nationalbibliothek

Die gleiche Tageszeitung berichtete nur zwei Tage später, dass das Begräbnis nicht nur in „sehr einfacher Weise“ stattfand, sondern auch keine Denkrede erhielt. Aber lesen Sie selbst die Meldung2 vom 26. Mai 1872:

In Prag hat, wie man uns schreibt, am Freitag Director Thomé's Leichenbegräbniß in sehr einfacher Weise stattgefunden. Das deutsche Theater war durch seine Mitglieder bei demselben nicht einmal vollzählig vertreten und erschien durch die czechische Bühne und die Areuen beschämt, die in Prags Nähe die Musentempel bilden. Auch eine Denkrede hat der verdiente Bühnenleiter aus dem Vorstandskreise unserer Kunst- und Schriftstellervereine nicht erhalten, weil es da der Redner nicht viel gibt. Unter solchen Umständen ist der Tact der „Schlaraffia“ hoch zu preisen, die dem Verblichenem eine große Gedenkfeier veranstalten will. Die Thomé'sche Theater-Bibliothek ist für 26,000 Thaler an das neue Straßburger Theater übergegangen. Director Heßler war vor kurzem selbst in Prag und hat mit Thomé den Kaufvertrag geschlossen. Die erste Aufführung von Seibel's „Brunhild“ am Berliner Hoftheater mit Clara Ziegler in der Titelrolle ist für Mitte nächster Woche bestimmt.

2Quelle: Neue Freie Presse, Wien, Ausgabe Nr. 2784, Sonntag, 26. Mai 1872, Seite 8, Spalte 3 - Österreichische Nationalbibliothek

In beiden Texten wird erwähnt, dass Franz Thomé Gründungsmitglied des Künstlervereins „Schlaraffia“ war. Ein Verein, der im Jahr 1859 entstand. Unsere Recherchen ergaben, dass Thomé den Ritternamen „Carl II - der Frauenprüfer“ trug.

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